Aller Anfang, Ernährung allgemein
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Ernährung ist ein Power-Tool!

Kann ich meine Krankheit durch meine Ernährung beeinflussen? Gibt es Lebensmittel, die ich besser weglassen sollte? Oder auch ganz einfach: Was kann ich essen, damit es mir besser geht? Wahrscheinlich wird wirklich jeder, der an Morbus Crohn oder Colitis Ulcerosa erkrankt ist, seinen behandelnden Arzt diese Fragen so oder so ähnlich schon einmal gestellt haben.

In den allermeisten Fällen bekommt man von seinem Arzt dann eine recht diffuse Antwort, die in etwa so lautet: „Sie könne prinzipiell alles essen, was Sie vertragen“. Und manchmal sogar: „Sie können alles essen. Ernährung hat keinen Einfluss auf die Krankheit“!

Aha. Aber woher weiß ich denn was ich vertrage? Und was ist, wenn ich überhaupt nichts mehr vertrage? Und überhaupt, wie kann es sein, dass Ernährung nichts mit einer Darmerkrankung zu tun haben soll? Viele dieser Fragen laufen leider einfach ins Leere.

Zum einen, weil die meisten Ärzte es schlicht auch nicht besser wissen. Und auch gar nichts dafür können. Wenn sie sich nicht auf Ernährungsmedizin spezialisieren, wird ihnen im Laufe ihrer allgemeinmedizinischen Ausbildung so gut wie gar nichts über das Thema vermittelt. Selbst in der gastroenterologischen Facharzt-Ausbildung findet Wissensvermittlung zu Thema Ernährung nur in sehr geringem Umfang statt.

Zum anderen war es bis vor kurzem quasi noch allgemeiner Konsens, dass Ernährung bei der Behandlung von CED nur eine untergeordnete bis gar keine Rolle spielt. Weil es dazu einfach kaum validierten Studien gibt. Studien zur Ernährung haben nämlich ein generelles Problem, wie der Ernährungsmediziner Prof. Dr. Martin Smollich auf ernährungsmedizin.blog sehr bildhaft erklärt:

„Der Goldstandard wissenschaftlicher Erkenntnis ist die sog. doppelt verblindete, randomisiert-kontrollierte Studie. Dabei wissen weder Arzt noch Patient, ob es sich bei dem verabreichten Präparat um ein Placebo oder um den Wirkstoff handelt. Außerdem werden die Probanden zufällig in eine Gruppe eingeteilt. Die so gewonnenen Ergebnisse können kausale Zusammenhänge offenlegen und besitzen eine hohe wissenschaftliche Aussagekraft (Evidenz).

{…} Wer wäre dazu bereit, sich für eine Ernährungsstudie über Jahre in ein Labor sperren zu lassen, wo er nach dem Zufallsprinzip entweder Wurst oder „Placebo-Wurst“ erhält, während die gesamte übrige Ernährung konstant gehalten wird und seine Gesundheitsdaten dauerhaft beobachtet werden. Die so erhaltenen Daten wären aussagekräftig, doch es wird sie niemals geben.“

Bei Human-Studien zu einer bestimmten Fragestellung an die Ernährung handelt es sich also oft um Beobachtungsstudien. Aussagekräftigere kleine, zeitlich begrenzte Studien zu bestimmten Ernährungsformen bei CED gibt es deshalb vor allem mit hospitalisierten Patienten oder Kleinkindern (deren Essverhalten sich noch relativ einfach kontrollieren lässt).

LASS DICH GUT BERATEN

Erfreulicherweise hat sich in den letzten 5 Jahren an der Grundeinstellung zur Ernährung bei CED endlich etwas geändert, sodass jetzt selbst einige Gastroenterologen das Thema aufgreifen und sich auch ernsthaft damit beschäftigen.

Die meisten verantwortungsbewussten Ärzte schicken ihre Patienten inzwischen zur Ernährungsberatung. Leider gibt es hier wirklich große qualitative Unterschiede, auch unter den kassenzugelassenen Beratern (die entweder Ökotrophologie studiert oder eine Ausbildung zum Diätassistenten absolviert haben müssen). Da man nur einen gewissen Anteil der Beratung erstattet bekommt, solltest du im Vorfeld gut recherchieren, damit du später auch wirklich von deiner Beratung profitierst. Es ist unabdingbar, dass sich der Berater/ die Beraterin sehr gut mit dem Krankheitsbild und den sich möglicherweise daraus ergebenden Unverträglichkeiten auskennt.

Vielleicht war es Pech, aber ich habe bisher nur schlechte Erfahrungen gemacht. Die Krönung war die Ernährungsberatung in einer Reha-Klinik, die auf Patienten mit CED spezialisiert ist. Hier war man der Meinung es gäbe keine Milcheiweiß-Unverträglichkeit und hat mir jeden Tag hochkalorische Trinknahrung (zum Aufpäppeln, ich war damals nur Haut und Knochen) auf Milcheiweiß-Basis angeboten. Ich habe jeden Tag höflich darauf hingewiesen, dass ich kein Milcheiweiß vertrage, worauf mir die Diätassistentin dann irgendwann etwas unwirsch vorgehalten hat, das Produkt sei doch laktosefrei, das müsste ich doch vertragen. Na klar.

ERNÄHRUNG KANN EINE MENGE BEWIRKEN

Ich selbst recherchiere seit über 10 Jahren zum Thema und habe dabei unglaublich viel gelernt. Für mich ist Ernährungsmedizin vor allem Erfahrungsmedizin. Durch viele Selbst-Experimente habe ich inzwischen die für meine ganz persönliche Situation beste Ernährungsform gefunden. Versteh mich nicht falsch: Ich bin nicht „geheilt“, ich bin nicht mal besonders oft und lange in Remission. Mein Verlauf ist blöderweise auch nicht gerade unkompliziert.

Aber ich habe durch eine bewusste Ernährungsumstellung einfach so viel Kontrolle über mein Leben und meine Krankheit zurückgewonnen und ich betrachte sie als ein praktisches und nebenwirkungsfreies „Power-Tool“ (zusätzlich zu Medikamenten, auf die ich weiterhin angewiesen bin) mit dem ich selbst aktiv etwas zu einer besseren Lebensqualität beisteuern kann.

VERSUCH ES EINFACH SELBST!

Versuch es einfach mal! Es lohnt sich wirklich, offen und unvoreingenommen an das Thema heranzugehen. Natürlich ist es immer auch ein großes Stück Arbeit, seine Gewohnheiten zu ändern. Und zunächst ein Verlust, wenn man erkennt, dass man vielleicht künftig und bis auf Weiteres auf sein absolutes Lieblingsessen verzichten sollte. Aber es könnte sein, dass du mit Beschwerdefreiheit belohnt wirst! Wäre es das nicht der Hammer?

Zu Beginn jeder Ernährungsumstellung ist das Führen eines Ernährungs-Tagebuchs extrem wichtig. Im Grunde kann man es einfach frei, zum Beispiel in einem Notizbuch führen. Es gibt aber auch Vorlagen, die man sich (z.B. bei den Ernährungs-Docs) downloaden kann oder für diejenigen, die es lieber digital mögen, diverse Apps (ich empfehle Cara Care – ursprünglich für Reizdarmpatienten entwickelt – sie funktioniert auch ohne das kostenpflichtige Ernährungsprogramm).

Bitte halte vor einer Ernährungsumstellung unbedingt Rücksprache mit deinem behandelnden Arzt. Falls du Stenosen (Verengungen im Darm) hast, solltest du sehr vorsichtig sein. Hier müssen faserige und ballaststoffhaltige Lebensmittel gemieden werden!

Dieser Blog soll dir Motivation, Anregung und vor allem eine Anleitung geben, dich im Dschungel der Ernährungskonzepte, die im Zusammenhang mit CED erwähnenswert sind, zurechtzufinden.

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