Ernährung allgemein, Ernährungsumstellung
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Convenience-Food | Kommt mir nicht in die Tüte

„Don’t eat anything your great grandmother wouldn’t recognize as food!“

Michael Pollan

Der Titel des wunderbaren Ernährungsratgebers des Autors, Aktivisten und Ernährungsphilosophen Michael Pollan bringt es auf den Punkt. Mehr Anleitung für eine gesunde, ausgewogene Ernährung braucht man eigentlich gar nicht. Wer sich wirklich daran hält, hat bereits eine gute Basis für seine Gesundheit geschaffen. Klingt einfach. Ist es aber nicht. Denn, auch wenn unsere Urgroßeltern heute im Supermarkt wahrscheinlich vollkommen überfordert vor mit Tüten, Flaschen und Kartons bestückten Regalen stehen würden – für die meisten Menschen ist Convenience-Food in erster Linie einfach nur wahnsinnig praktisch. Tüte auf, umrühren, fertig.

Ob das noch irgendetwas mit Kochen zu tun hat, sei dahingestellt. Und ob es schmeckt…? Ist vermutlich auch Ansichtssache. Fakt ist, dass viele Menschen verlernt haben, wie echte Lebensmittel tatsächlich schmecken. Und den künstlich imitierten Geschmack von Convenience-Produkten dem Original sogar vorziehen. Zumal viele Hersteller immer noch vermitteln, es handele sich bei ihrem Produkt um ein absolut „natürliches“ Lebensmittel. Hier wird (im Rahmen der Gesetzgebung) geschummelt was das Zeug hält. Die auf den Verpackungen angegebenen Begriffe sind dabei häufig irreführend.

WIE VIELE ERDBEEREN ENTHÄLT EIN ERDBEERJOGHURT?

Lust auf einen Erdbeerjoghurt? Im Kühlregal hast du die Qual der Wahl. Also greif zu. Frischer Joghurt mit natürlichen Aromen. Das ist doch kein Convenience-Food, oder? Ich möchte hier niemandem vorschreiben, was falsch und was richtig ist – aber wie viele Erdbeeren sind eigentlich drin in deinem Joghurt? Joghurt darf sich Erdbeerjoghurt nennen, wenn er mindestens 6% Erdbeeren enthält. Ein 250 Gramm Becher enthält also gerade mal 15 Gramm, gefühlt sind das so ca. 1,5 Erdbeeren. Logisch, dass diese Menge niemals ausreicht, um dem Joghurt seinen typisch erdbeerigen Geschmack zu verleihen.

Deshalb werden zusätzlich Aromen eingesetzt. In unserem Fall sind es „natürliche Aromen“. Aber nur wenn es sich um “ natürliches Erdbeer-Aroma“ handelt, besteht das Aroma zu 95% aus Aromastoffen, die tatsächlich aus Erdbeeren gewonnen wurden. „Natürliches Aroma“ ist einfach nur pflanzlichen, mikrobiellen oder tierischen Ursprungs. Im Falle unseres Erdbeerjoghurts wird es vermutlich aus Hefen, Pilzen oder sogar Holz stammen.

„Naturidentische Aromen“ sind den in der Natur vorkommenden chemisch gleich, werden aber im Labor hergestellt. Z.B. Vanillin.

„Chemische Aromen“ sind chemische Verbindungen, die in der Natur so nicht vorkommen.

Aber woher kommen die vielen Stückchen in meinem Joghurt, wenn da nur eineinhalb Erdbeeren drin sind? Häufig werden Fruchtjoghurts mit Apfel-Pressstücken angereichert, die als Abfallprodukt der Saftherstellung anfallen. Sie sind deutlich billiger als Erdbeeren, sind aber entsprechend mit rote Beete-Saft gefärbt und mit Aroma versetzt kaum von Erdbeerstücken zu unterscheiden.

Na, immer noch Lust auf einen Erdbeerjoghurt? Ich möchte dir den Spaß wirklich nicht verderben, ich möchte nur, dass du dir im Klaren darüber bist, dass ein Fruchtjoghurt aus dem Kühlregal KEIN natürliches Lebensmittel mehr ist.

NATÜRLICHE VS. VERARBEITETE LEBENSMITTEL

Eine brasilianische Forschergruppe hat 2010 eine Differenzierung des Begriffs „verarbeitet“ vorgenommen und ein 4-Stufen-System entwickelt, aus dem sich auch Ernährungsempfehlungen ableiten lassen.

STUFEGRADVERARBEITUNGBEISPIELEEMPFEHLUNG
1Frische Lebensmittelfrisch, getrocknet, fermentiert, gefrorenGemüse, Obst, Pilze, Kräuter, Gewürze, Nüsse, Samen, Getreide, Fleisch, Fisch, Meeresfrüchte, Eier, naturbelassene Milchprodukte, Tee, KaffeeBasis einer gesunden Ernährung
2Zutaten, leicht verarbeitetgepresst, raffiniert, gemahlen, zerkleinert, getrocknetSalz, Zucker, Essig, Öl, Getreide-Mehl, Stärke, BackpulverIn Maßen, als Zusatz und zur Zubereitung frischer Speisen
3Verarbeitete Lebensmittelgeräuchert, gepökelt, gebacken, gegart, konserviertBrot, Brötchen, Teigwaren, Marmelade, Eingemachtes, Konserven, Bier, Wein, geräuchertes und gepökeltes ohne Zusätzein kleine Mengen
4Ultra-verarbeitete Lebensmittel (Convenience-Food)industriell hergestellt, mit Zusätzen versetztFertigprodukte, Cerealien, Riegel, Back- und Süßwaren, Milchprodukte mit Fruchtzubereitung, Wurst- und Fischprodukte mit ZusätzenMeiden oder nur in kleinsten Mengen
Quelle: https://fet-ev.eu

Der Großteil aller in den Medien beworbenen und im Supermarkt erhältlichen Lebensmittel fallen in Kategorie 4. Das ist ziemlich bedenklich, denn aus einer Meta-Analyse von 20 bisher durchgeführten Studien im Zusammenhang mit UPF (Ultra Processed Food) geht hervor, dass ein hoher Konsum von ultra-verarbeiteten Lebensmitteln unter anderem das Risiko für Adipositas, Bluthochdruck, Metabolisches Syndrom, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Depressionen, Reizdarmsyndrom, Krebs, Asthma und Allergien erhöht. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Eigentlich müssten diese Produkte mit einer Gesundheitswarnung versehen werden!

Denn im Grunde macht sich niemand beim Kauf einer Tütensuppe wirklich bewusst, dass die Zutaten meist aus einer hochindustrialisierten Landwirtschaft kommen, dass die pflanzlichen und tierischen Bestandteile bis zur Unkenntlichkeit zerkleinert und dann chemischen Modifikationen unterzogen werden, um die Haltbarkeit zu verlängern. Es werden Konservierungsstoffe, Emulgatoren und künstliche Aromen hinzugefügt, außerdem enthalten diese Lebensmittel fast immer sehr viel Salz und Zucker (meist in Form von Fruktose-Glukose-Sirup, HFCS). Tütensuppen, Backwaren, Desserts und vorfrittierte Produkte enthalten außerdem gehärtete pflanzliche Fette – sogenannte Trans-Fette.

Wer sich von Convenience-Food ernährt, hat nicht nur ein erhöhtes Risiko für Übergewicht, sondern leidet häufig auch an Vitamin- und Mineralstoffmangel, da durch den hohen Verarbeitungsgrad nahezu alle Mikronährstoffe verloren gehen. Es gab noch nie so viele übergewichtige und gleichzeitig mangelernährte Kinder wie heute.

EIN BRÖTCHEN IST EIN BRÖTCHEN IST EIN BRÖTCHEN…

Ein weiteres gutes Beispiel ist der Hamburger einer allseits bekannten Fastfood-Kette. Versteh mich nicht falsch – ein guter Burger muss nicht ungesund sein. Im Gegenteil: ein frisches (im besten Fall selbst gebackenes) Brötchen, ein saftiges Patty aus leckerem Rinderhack (möglichst aus artgerechter Tierhaltung), nur mit Pfeffer und Salz gewürzt, knackiger Salat, Gurken und Tomaten… vielleicht sogar mit einer selbstgemachten Sauce getoppt. Schmeckt einfach grandios!

Okay, ist jetzt auch nicht ganz unaufwändig. Aber lass uns doch mal unseren Fast-Food-Ketten-Burger genauer betrachten:

Ein frisches Weizenbrötchen von einem handwerklichen Traditionsbäcker oder ein selbstgebackener Burger-Bun enthält Weizenmehl, Hefe, Wasser und Salz (wenn ich einen Bun selbst backe kommt da maximal noch Butter und (Pflanzen-)Milch rein). Punkt.

Der Bun von besagter Fastfood-Kette enthält: Weizenmehl, Wasser, Zucker, Weizeneiweiß (Gluten), Butteröl, Rapsöl, Magermilchpulver, Sesam, Hefe, Salz, Glukosesirup, Erbseneiweiß, Emulgator Mono- und Diacetylweinsäureester von Mono- und Diglyceriden von Speisefettsäuren (E472e), natürliches Aroma (enthält Milch), Milcheiweiß, Reismehl, Curcuma, Mehlbehandlungsmittel (E300).

Ew! Und ich dachte früher echt, dass sei einfach nur ein Brötchen.

Über die verwendeten Saucen will ich hier schon gar nicht mehr sprechen… Aber ich glaube, du verstehst meinen Punkt. Natürlich ist Fast- und Convenience-Food, praktisch und ja, manchmal sogar lecker. Und mal ein Eis oder ein paar Kekse aus dem Supermarkt bringen niemanden um. Aber es sollte wirklich die Ausnahme bleiben. Und zwar auch bei ansonsten gesunden Menschen.

CONVENIENCE FOOD UND CED

Das gilt natürlich ganz besonders für uns CED-ler. In einer ganz aktuell (Juli 2021) veröffentlichten Studie wird ein Zusammenhang zwischen erhöhtem Konsum ultra-verarbeiteter Lebensmittel und dem Risiko eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung zu entwickeln, aufgezeigt. Diese Erkenntnis deckt sich mit der Tatsache, dass CED zunächst vor allem in Nordamerika, Europa und Australien seit den 1950er Jahren verstärkt aufgetreten ist.

Mit der zunehmenden „Verwestlichung“ der Schwellenländer hat auch hier die Häufigkeit von CED rasch zugenommen. Mit der Industrialisierung der Länder Asiens, Südamerikas und des Nahen Ostens stieg die Rate der Neuerkrankungen. Heute ist CED eine globale Krankheit.

Natürlich spielen viele weitere (zum Teil noch unbekannte) Faktoren eine Rolle bei der Entstehung von CED. Der Einfluss unserer heutigen, denaturierten Ernährungsweise ist aber kaum noch von der Hand zu weisen.

Einen besonders ungünstigen Einfluss scheinen Emulgatoren zu haben. Emulgatoren werden sehr vielen ultra-verarbeiteten Lebensmittel zugesetzt, um Öl und Wasser zu einer homogenen, cremigen Masse zu verbinden. Sie stehen in Verdacht, die Darmschleimhaut zu schädigen und das Darm-Mikrobiom zu verändern. Vor allem Carageen, Polysorbat 80 und Carboxymethylcellulose scheinen die Entstehung von Entzündungen im Darm zu fördern, wie aus einer Studie hervorgeht. An deiner Stelle würde ich aber generell auf alle Emulgatoren verzichten.

Ein weiterer Zusatzstoff, den man als CED-ler unbedingt meiden sollte, ist der Weißmacher Titanoxid. Er steckt unter anderem in Kosmetika und Zahnpasta, in Kaugummis, Zuckerguss und Fertigsaucen. Eine Schweizer Studie zeigt, dass Titanoxid als Nanopartikel Entzündungsreaktionen in den Darmepithel-Zellen auslöst und eine bestehende CED verschlimmern kann.

Ebenfalls ein kritischer Bestandteil von vielen Fertigprodukten sind sogenannte Trans-Fettsäuren. Sie entstehen, wenn ursprünglich gesundes Pflanzenöl (mit einem hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren) industriell gehärtet wird. Dadurch entsteht ein streichfähiges Fett. Ein Beispiel dafür ist die früher für so gesund gehaltenen Margarine. Trans-Fettsäuren entstehen außerdem immer dann, wenn pflanzliches Öl über den sogenannten „Rauchpunkt“ hinaus erhitzt wird. Sie sind deshalb vor allem in Fastfood-Produkten, wie Pommes, Pizza und allgemein in allem Frittierten, aber auch in Backwaren, wie Croissants, Fertigkuchen oder einfach Keksen enthalten. Besonders viel Trans-Fettsäuren finden sich auch in Kartoffelchips.

Der vermehrte Konsum von Trans-Fetten lässt den LDL-Spiegel (das „schlechte“ Cholesterin) ansteigen und erhöht damit das Risiko für eine Arteriosklerose. Außerdem scheinen sie generell die Entstehung von Entzündungen im Körper zu begünstigen. Ganz konkret wurde das in einer aktuellen Studie an Mäusen auch für CED nachgewiesen. Der Pathomechanismus (also warum genau das so ist) ist zwar noch nicht bekannt, dennoch solltest du Trans-Fettsäuren möglichst meiden.

Am besten geht das natürlich, wenn man ganz auf Fast- und Convenience-Food verzichtet. Wenn du selbst brätst, frittierst und backst, solltest du auf Öle mit einem hohen Rauchpunkt zurückgreifen. Am besten auf Butterschmalz, Ghee, Kokosöl oder Olivenöl.

FAZIT UND PERSÖNLICHE ERFAHRUNGEN

In meinem Elternhaus hat selbst gekochtes Essen aus frischen Zutaten immer eine hohen Stellenwert gehabt. Mein Vater ist ein begnadeter Koch und Convenience-Produkte kommen bei ihm bis heute nicht in die (bzw. aus der) Tüte. Nicht mal einen Saucenbinder findet man im Haushalt meiner Eltern. Die Sauce wird einfach mit Ei, Butter oder Crème Fraîche legiert. Regionale Produkte, naturbelassene Milchprodukte, teilweise direkt vom Bauernhof, Fleisch aus artgerechter Tierhaltung und viel frischer Fisch – als Kind bin ich tatsächlich nur sehr wenig mit hochverarbeiteten Lebensmittel in Berührung gekommen. Mit Ausnahme der obligatorischen Süßigkeiten, an denen Eltern vermutlich einfach nicht vorbeikommen (und für die auch mein Vater zugegebenermaßen eine gewisse Schwäche hat).

Erst als Jugendliche und junge Erwachsene bin ich dann in die knallbunte Welt der Convenience-Produkte eingetaucht. Vielleicht war es sogar meine kleine, ganz persönliche Rebellion gegenüber meinem vollwertigen zu Hause, dass ich mich phasenweise wirklich sehr ungesund ernährt habe. Durch meinen damaligen Freund und jetzigen Mann, der aus einem klassischen „Convenience-Haushalt“ kommt, habe ich Verlockungen von (*Achtung: Negativ-Werbung, weil Marken-Nennung!) Miracoli, Nutella, McDonald’s und Co. erst so richtig kennengelernt.

Ich kann da natürlich keinerlei kausalen Zusammenhang herstellen, ich weiß allerdings, dass ich mich kurz vor und auch lange nach meiner Diagnose wirklich sehr schlecht ernährt habe. Mein Frühstück in der Oberstufe bestand aus einer Dose Cola und ein paar Milchschnitten. Ich war der absolute Süßigkeiten-Junkie. Wenn es mir schlecht ging, habe ich mir abends oft einfach nur eine Tütensuppe gekocht. Ansonsten war ich lange Zeit ein großer Fan von Fertigpizzen und Bistro-Baguettes zum Aufbacken. Das frischeste, was damals bei mir auf den Tisch kam, waren Pasta-Gerichte (oft, aber nicht immer nur Miracoli).

Mir ging es zu dieser Zeit sehr of sehr schlecht. Und nicht unbedingt nur, wenn ich im Schub war. Ich hatte eigentlich fast immer quälende Bauchschmerzen und Blähungen. Aber damals habe ich aber keinerlei Zusammenhang mit meiner Ernährung erkannt. Oder wollte es nicht erkennen.

Wer meinen Blog verfolgt, weiß, dass ich vor etwa 10 Jahren meine Ernährung relativ radikal umgestellt habe. Und zwar nach dem Paleo-Prinzip. Ich habe dadurch eine unglaubliche Verbesserung meiner Lebensqualität erfahren. Heute weiß ich, dass es nicht unbedingt nur die (ziemlich dogmatische) Paleo-Ernährung war, die mir so geholfen hat. Die Tatsache, dass ich quasi von 100 auf 0 auf alle hoch verarbeiteten Lebensmittel, alle raffinierten Kohlenhydrate, alle Lebensmittelzusätze und auf jeglichen zugesetzten Zucker verzichtet habe, war der eigentliche Game Changer. Und natürlich, dass ich dadurch meine individuelle Unverträglichkeit gegenüber Gluten und Milcheiweiß aufdecken konnte.

Davon bin ich heute wirklich von ganzem Herzen überzeugt: Egal für welches Ernährungskonzept du dich entscheidest – ob paleo, vegan, pegan, flexitarisch etc. – die Basis jeder gesunden, heilungsfördernden Ernährung bilden frische, naturbelassene Lebensmittel!

Ich bin mir ganz sicher, dass unsere heutige utlra-verarbeitete Ernährung einen Teil zur Entstehung nicht nur von CED, sondern vieler anderer chronischer Erkrankungen beiträgt. Nicht umsonst nennt man sie Zivilisationskrankheiten.

Deshalb kann ich dir einfach nur dringend raten: Reduziere den Konsum von Fast- und Convenience-Food. Und zwar drastisch! Ich weiß, es ist schwer seine Gewohnheiten zu ändern. Und ich kenne auch den sozialen Druck, der manchmal herrschen kann (wenn man z.B. mit Freunden unterwegs ist). Mir ist außerdem bewusst, dass es wirklich viel mehr Zeit in Anspruch nimmt, immer frisch zu kochen. Aber es lohnt sich. Wirklich.

QUELLEN

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